von Alina Vianne Barr (✉ alina.vianne.barr@univie.ac.at)
Das Thema Diversität, Gleichstellung und Inklusion – meist abgekürzt mit DEI (Diversity, Equity & Inclusion) – hat für Unternehmen sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Relevanz. Mit dem Management von DEI versuchen Unternehmen, ein inklusives Arbeitsumfeld zu fördern und geschäftliche Vorteile zu erzielen. Allerdings ist DEI ein sensibles und kontrovers diskutiertes Thema, weshalb hierzu mit Beschwerden zu rechnen ist, insbesondere in Social Media, wo Unternehmenskommunikation häufig kritisch kommentiert wird. Wie Unternehmen zu DEI in Social Media kommunizieren und wie sie mit kritischen Kommentaren ihrer Follower umgehen, war Gegenstand einer Studie von Sabine Einwiller, Daniel Wolfgruber und Anna Katharina Leitner.
Für diese Studie wurden die Facebook- und Twitter/X-Seiten der 50 größten US-amerikanischen und der 50 größten deutschen Unternehmen analysiert. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich vom 1. März bis zum 30. September 2022. Dokumentiert wurde für die Analyse, ob Unternehmen DEI thematisierten, ob hierauf Beschwerden erfolgten und ob die Unternehmen darauf reagierten. Erfasst wurde auch, ob die Beschwerden überhaupt einen Bezug zu DEI hatten und wie emotional sie waren.
Die Ergebnisse zeigen, dass US-Unternehmen im Untersuchungszeitraum häufiger als deutsche Unternehmen zu DEI kommunizierten. Während fast alle US-Konzerne (94%) zwischen März und September 2022 mindestens einmal DEI-Themen ansprachen, war dies lediglich bei zwei Dritteln der deutschen Unternehmen der Fall. Rund die Hälfte der DEI-Beiträge erhielt negative Reaktionen. Hierbei wurde entweder kritisiert, dass das Unternehmen sich im Bereich DEI engagierte oder auch, dass es sich zu wenig engagierte und die Kommunikation daher heuchlerisch sei. Zu bemerken ist jedoch, dass sich mehr als die Hälfte der Beschwerden, die auf DEI-Posts erfolgten, gar nicht auf DEI bezogen, sondern auf die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens. Die Unternehmen reagierten generell selten auf Beschwerden (15%), wobei die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion deutlich höher war, wenn sich die Beschwerden auf Produkte oder Dienstleistungen bezogen (35%). Kritische Stimmen zu DEI wurden nur in 7% der Fälle beantwortet. Deutsche Unternehmen antworteten doppelt so häufig auf DEI-bezogene Kritik als US-Unternehmen. Thematisch führten bei deutschen Unternehmen Beiträge zu sexueller Orientierung und "Diversität im Allgemeinen" zu den meisten Beschwerden, während in den USA Posts zu Geschlechteridentität und Ethnizität am häufigsten kritisiert wurden. Beschwerden waren meist auf emotionaler denn sachlicher Basis formuliert.
Die Studie verdeutlicht, dass DEI ein bedeutsames, aber kontroverses Thema in der Unternehmenskommunikation ist, das häufig kritisch kommentiert wird. Die bevorzugte Reaktion der Unternehmen auf Produktbeschwerden deutet darauf hin, dass wirtschaftliche Aspekte bei der Beantwortung im Vordergrund stehen, während Unternehmen sich schwertun, auf moralische Kritik zu reagieren. Sabine Einwiller, eine der Studienautor*innen rät: "Wer DEI glaubwürdig fördern möchte, sollte auch mit seinen Kritikern in Dialog treten. Eine klare Argumentation, warum und wie DEI in der eigenen Organisation umgesetzt wird und welche Auswirkungen das auf das Unternehmen, seine Mitarbeitenden und auch auf andere Stakeholder hat, ist dabei entscheidend." Gerade in Zeiten, in denen DEI-Aktivitäten Gegendwind erfahren, ist es wichtig, die Haltung des Unternehmens klar zu definieren und zum Ausdruck zu bringen. Derzeit ist jedoch eher zu beobachten, dass Unternehmen – insbesondere in den USA vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen – ihre Aktivitäten im Bereich DEI zurückfahren und/oder verschleiern, was sich auch auf die Kommunikation auswirkt. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um diese Entwicklungen zu analysieren und einzuordnen.
Zu den Autor*innen
Sabine Einwiller ist Professorin für Public Relations Forschung und Vorständin des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.
Daniel Wolfgruber war bis Februar 2023 Praedoc am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien. Er hat seine Dissertation im März 2023 erfolgreich abgeschlossen und ist nunmehr Postdoctoral Fellow an der HEC Montréal, Kanada.
Anna Katharina Leitner war Studienassistentin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Sabine Einwillers Corporate Communication Research Group.