von Annika Arndt (✉ annika.arndt@univie.ac.at)
Die vorliegende Studie untersucht die Verbindungen zwischen den verschiedenen Formen der Social-Media-Nutzung und dem von Jugendlichen wahrgenommenen digitalen Druck durch Peer-Gruppen, Inhalte zu posten und präsent zu sein. Dabei steht insbesondere der Einfluss der wahrgenommenen Erwartungen von Gleichaltrigen im Fokus. Die Kommunikationswissenschaftlerin Anja Stevic analysiert in diesem Kontext die Unterschiede zwischen privater und öffentlicher sowie zwischen aktiver und passiver Nutzung sozialer Medien. Trotz eines möglichen Drucks seitens der Peergroup zeigt die Studie, dass dieser nicht langfristig die Lebenszufriedenheit der jungen Erwachsenen beeinflusst.
Soziale Medien spielen für Jugendliche eine zentrale Rolle in der alltäglichen Kommunikation, Informationsbeschaffung und dem Gefühl, stets auf dem neusten Stand sein zu müssen. Die vorliegende Studie untersucht die wechselseitigen Beziehungen zwischen verschiedenen Arten der Social-Media-Nutzung und dem von Jugendlichen wahrgenommenen digitalen Druck, ständig verfügbar zu sein und Inhalte zu posten. Ein wichtiger Aspekt sind die wahrgenommenen Erwartungen der (eigenen) Freunde. Im Mittelpunkt stehen die zeitlichen Zusammenhänge zwischen aktiver privater und öffentlicher sowie passiver Social-Media-Nutzung, dem empfundenen digitalen Druck und – letztlich – der Lebenszufriedenheit.
Der Einfluss von Gleichaltrigen
In ihrer Untersuchung analysiert Anja Stevic den Einfluss von Gleichaltrigen auf die Social Media-Nutzung, indem sie einerseits den Verfügbarkeitsdruck untersucht – also die wahrgenommene Erwartung, die von Gleichaltrigen ausgeht, ständig auf Social Media präsent zu sein – sowie andererseits den Produktionsdruck, der die wahrgenommene Erwartung von Gleichaltrigen darstellt, Inhalte zu teilen. Die wahrgenommenen sozialen Erwartungen, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten, spiegeln den wahrgenommenen Druck wider, den Jugendliche empfinden, um unter dem Einfluss ihrer Freunde in sozialen Medien zu handeln. Anja Stevic begründet das Forschungsinteresse mit der Annahme, dass "[…] bei jungen Nutzern sozialer Medien das Gefühl des Drucks, Neuigkeiten zu posten, dazu führen könnte, dass sie im Laufe der Zeit mehr öffentlich teilen."
Die Forscherin differenzierte vorab die drei Nutzungsarten auf sozialen Medien. Zuerst definierte sie die private aktive Nutzung von Social Media, welche die zwischenmenschliche Interaktion mit Freunden und Familie umfasst. Des weiteren thematisierte sie die öffentliche, aktive Nutzung von Social Media, die das Senden, Veröffentlichen und Teilen von Inhalten für ein breiteres Publikum einschließt. Schließlich adressierte sie die passive Nutzung sozialer Medien, die ausschließlich das Beobachten der Profile anderer Nutzer*innen beinhaltet.
Einblick auf die Auswirkungen der Social-Media-Nutzung auf Jugendliche und junge Erwachsene
Für ihre Untersuchung erhob die Forscherin im Rahmen einer zweiwelligen Panel-Umfrage Daten im Abstand von vier Monaten mit 415 Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktive und öffentliche Nutzung den Produktionsdruck positiv vorhersagt. Diese Beziehung ist wechselseitig: Der Produktionsdruck verstärkt ebenfalls die aktive, öffentliche Nutzung. Dies erzeugt einen "Teufelskreis", da die Befunde auf eine sich selbst verstärkende Spirale zwischen dem wahrgenommenen digitalen Leistungsdruck und der Erfüllung der Erwartungen von Freunden in sozialen Netzwerken hindeuten. Dieser Druck kann gleichzeitig dazu führen, dass weniger aktive private Nutzung – in Form von weniger privaten Nachrichten – die Folge ist. Gleichzeitig führt auch der Druck, erreichbar zu sein, zu einer insgesamt stärkeren Social Media-Nutzung.
Die passive Nutzung, d.h. das bloße Durchsuchen sozialer Medien und das Beobachten anderer Nutzer, erzeugt keinen Druck und wird nicht mit Veränderungen bei der Nutzung sozialer Medien in Verbindung gebracht. Überraschenderweise haben weder der Druck, erreichbar zu sein, noch der Druck, Inhalte zu erstellen, einen direkten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit. Anja Stevic fasst ihre Studienergebnisse entsprechend wie folgt zusammen: "Wenn die Erwartungen von Gleichaltrigen, immer online zu sein, hoch sind, greifen junge Menschen vermehrt auf chatten zurück. Positiv ist jedoch, dass sich dieser Druck in den sozialen Medien nicht auf die Lebenszufriedenheit der jungen Menschen auswirkt."