Lifestyle-JournalistInnen unter Druck von Werbung und Public Relations?

16.03.2020

Reise-, Beauty- und ModejournalistInnen am stärksten betroffen

von Michaela Forrai (✉ michaela.forrai@univie.ac.at)

Während die Werbe- und PR-Branche wächst, stehen JournalistInnen unter wachsendem finanziellem Druck. Als Folge verschwimmen die Grenzen zwischen Journalismus und Public Relations bzw. Werbung: Advertorials und Rezensionen zu Werbegeschenken stehen immer häufiger Seite an Seite mit redaktionellen Artikeln. Für eine neue Studie des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft wurden daher über 600 Lifestyle-JournalistInnen befragt – am meisten Druck verspüren Reise-, Beauty- und ModejournalistInnen.

Durch seine Nähe zu Branchen wie Tourismus oder Gastronomie spürt Lifestyle-Journalismus den Einfluss wirtschaftlicher Interessen am ehesten: Bereits frühere Studien zeigten, dass Lifestyle-JournalistInnen es vermeiden, kritisch über in Anzeigen beworbene Produkte zu schreiben. Folker Hanusch, Sandra Banjac und Phoebe Maares vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft befragten daher über 600 Lifestyle-JournalistInnen aus Australien zu ihren Erfahrungen mit Druck durch die Werbe- und PR-Branche.

Im Großen und Ganzen verneinten die Befragten zwar allzu großen Druck durch Public Relations bzw. Werbung, am höchsten wurde er allerdings in den Bereichen Reise- und Modejournalismus eingeschätzt. Jüngere JournalistInnen und jene, die für Magazine arbeiten, fühlten sich stärker durch Werbung und PR beeinflusst.

Im Schnitt erhalten die Befragten täglich 30 E-Mails mit PR-Material. Obwohl nur ein Viertel der JournalistInnen dieses als vertrauenswürdig bewertete, bezieht mehr als die Hälfte der Befragten Informationen daraus. 75% gaben an, offen mit Sponsoring umzugehen, doch etwa die Hälfte der Befragten würde es vorziehen, über nicht zufriedenstellende Produkte und Dienstleistungen zu schweigen. Ebenso viele sehen eine enge Bindung zu Personen aus der PR-Branche als wichtig – dies könnte darauf hindeuten, dass JournalistInnen PR-SpezialistInnen mittlerweile eher als ExpertInnen betrachten statt als Personen, die Einfluss nehmen und sie unter Druck setzen.

"Da in Befragungen sozialer Druck entsteht, sollte man die Ergebnisse mit Vorsicht genießen", betont Folker Hanusch, der Hauptautor der Studie. "Die Befragten sehen Personen aus der Public Relations-Branche als nützlich und als FreundInnen an. Daher ist es wahrscheinlich, dass PR einen starken Einfluss auf Lifestyle-JournalistInnen hat – auch wenn sie das nicht direkt zugeben."


Publikationsdetails

Hanusch, F., Banjac, S., & Maares, P. (2019). The power of commercial influences: How lifestyle journalists experience pressure from advertising and public relations. Journalism Practice. Advance online publication. DOI: 10.1080/17512786.2019.1682942

Details zur Studie: Insgesamt wurden 5314 Lifestyle-JournalistInnen per E-Mail zur Teilnahme an der Befragung eingeladen. Innerhalb von zwei Monaten schlossen 616 der kontaktierten Personen die Studie vollständig ab. Die Rücklaufquote liegt mit 12,7% im Durchschnitt für E-Mail-Umfragen.

Fotocredit: © Lukas Bieri

Folker Hanusch ist Professor für Journalismus und Leiter des Journalism Studies Center am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Seine Forschungsschwerpunkte sind Vergleichende Journalismusforschung, Journalismuskulturen und Lifestyle-Journalismus.

Sandra Banjac ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Journalism Studies Center. Ihre Dissertation konzentriert sich auf journalistische Rollen und Erwartungen des Publikums in Südafrika. Weitere Interessen sind Entgrenzungs-Phänomene des Journalismus, Lifestyle-Journalismus, sowie die Auswirkungen intersektioneller Identitäten auf Nachrichtenproduktion und -konsum.

Phoebe Maares ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Journalism Studies Center. In ihrer Dissertation untersucht sie technologisch und ökonomisch bedingte Transformationen des journalistischen Feldes. Zu ihren weiteren Interessen gehören Entgrenzungs-Phänomene des Journalismus, insbesondere im Bereich Lifestyle, vergleichende Journalismusforschung und visuelle Kommunikationsforschung.