Das Institut trauert um Marianne Lunzer (1919-2021)

30.07.2021

Marianne Lunzer, ehemalige Vorständin unseres Institutes, ist im Alter von 102 Jahren verstorben. Ein Nachruf von Wolfgang Duchkowitsch

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts trauern um Marianne Lunzer, die am 29. Juli 2021 im Alter von 102 Jahren verstarb.

Marianne Lunzer promovierte 1942 an der Universität Wien zum Dr.phil. und begann ihre wissenschaftliche Karriere anschließend am 1942 eröffneten Institut – damals noch Zeitungswissenschaft. Ende 1981 übernahm sie, nach dem Tod von Prof. Dr. Kurt Paupié, die Leitung des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die sie bis zu ihrer Emeritierung Anfang 1985 innehatte.

Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt ihren Angehörigen.

Der Vorstand und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts


Traueranzeigen vom 07./08.08.2021: Wiener ZeitungDer StandardDie Presse


Marianne Lunzer ist nicht mehr

Ein Nachruf von Wolfgang Duchkowitsch • Wien, 30. Juli 2021

Sechs Tage nach ihrem 102. Geburtstag verschied unsere Professorin Marianne Lunzer in Wien. Sie geht in die Geschichte des Instituts als Wegbereiterin und Wegbeschreiterin moderner Mediengeschichte in Österreich ein.

Ihre Laufbahn begann Lunzer als "Verwalterin einer Assistentenstelle" im Wintersemester 1942/43 am eben erst eröffneten Institut für Zeitungswissenschaft der Universität Wien. 1944 betraute sie der Institutsvorstand Karl O. Kurth, der freiwillig zur deutschen Wehrmacht einrückte, mit seiner Stellvertretung. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus konnte nur sie als nichtbelastete Person am Institut verbleiben. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass schon im März 1946 wieder erste Vorlesungen und Übungen abgehalten werden konnten. Welche Schwierigkeiten ihr in der männerdominierten Welt der Nachkriegszeit gegenüberstanden, bezeugt eine Aussage, die am Dekanat der Universität Wien die Runde machte: Sie ist ja hübsch, aber frech. Erst 1954 erhielt sie die Venia für Zeitungswissenschaft. 1973 erfolgte ihre Ernennung zum ao. Univ.-Prof. neuen Typs.

Nach dem Tode des Institutsvorstandes Kurt Paupié im Dezember 1981 übernahm sie die Leitung des Instituts. Diese hatte sie bis zu ihrer Emeritierung Ende 1985 inne.

Die eigene Forschung musste sie als Ordinaria etwas zurücknehmen. Der Medienpolitik in der Ersten Republik sowie der Frau als Leserin im 18. Jahrhundert galten ihre Schwerpunkte. Stets daran interessiert, ein für jede Individualität offenes und fruchtbares Klima zu schaffen, lag es ihr an, ihre Forschungsergebnisse direkt in den Dienst der Lehre zu stellen, umweglos, in Kommunikation mit den Studierenden, ihren AdressatInnen, zu vermitteln und auf Forschungspraktikumsebene im Dialog zu vertiefen und verdichtend zu erweitern. Gestaltete sie den Strom fachlicher Entwicklung mit, so nährte sie ihn gleichermaßen kontinuierlich durch Aufschließen neuer Quellen. Mediengeschichte wurde durch sie in Österreich mündig.

Marianne Lunzer, 1976

(Image © Roland Burkart)